Wir wollen doch nur euer Bestes
Aussendung - Eröffnung durch Pfarrer Wolfgang Deutsch
zum Lichterzeichen – Schweigegang in der Innenstadt von Freising am 25.07.2010


Im Gleichnis Jesu „Vom barmherzigen Samariter“, wie uns vom Evangelisten Lukas
berichtet wird, ist von einem Menschen die Rede, der unter die Räuber fiel und dem von
einem Samariter, einem, dem man keine Achtung entgegenbrachte, geholfen wurde.
Andere dagegen meinten, fromme Pflichten erfüllen zu müssen und daher keine Zeit
für Notleidende zu haben, aber ein Fremder wurde dem Überfallenen zum Nächsten.


Mich erinnert diese Bildrede auch an die Erziehung in meinem und unserem Leben. Ich, jeder
wurde erzogen und hat andere erzogen. Und sicher kennen wir den oft wiederholten Satz:
Ich will doch nur dein Bestes, wir wollen doch nur dein Bestes!


Der Überfallene erlebt die Räuber, die von ihm das Beste wollen, und seinen Retter als den,
der für ihn das Beste will.


Was möchten wir uns nicht nehmen lassen, was wollen wir uns gerne bewahren und erhalten
für uns und die nachfolgenden Generationen? Vielleicht finden wir sogar Freunde und
Fremde, die für uns das Gute, unser Bestes wollen.


Wir hören genau hin, wenn andere zu uns sagen: Wir wollen doch nur euer Bestes.
Meinen sie vielleicht damit unsere Heimat und unsere Nachbarschaft, unsere Gesundheit!
Wollen sie vielleicht das Gute, das Beste von uns und nicht für uns?


Segenswort für den Weg:
Geht in der Kraft, die euch gegeben ist, geht einfach, geht unbeschwert, geht heiter
und haltet Ausschau nach der Liebe
und Gottes Geist leite euch!

Ansprache von Pater P. Hinsen SAC zum Lichterzeichen - Schweigegang
in der Innenstadt von Freising
am 25.07.2010

Ich darf Ihnen allen danken, dass Sie den Weg hierher mitgegangen sind. Das zeigt auch Ihren
Wunsch, sich von der biblischen Botschaft Orientierung und auch Rückendeckung geben zu
lassen. So hören wir jetzt ein Wort aus dem Buch Genesis (11,1-9)


Nach der Sintflut fanden die Nachkommen Noach eine Ebene im Land Schinar und siedelten
sich dort an.

Sie sagten zueinander: Auf, formen wir Lehmziegel, und brennen sie zu Backsteinen
So dienten ihnen gebrannte Ziegel als Steine und Erdpech als Mörtel.
Dann sagten sie: Auf, bauen wir uns eine Stadt und einen Turm mit einer Spitze bis zum
Himmel, und machen wir uns damit einen Namen, dann werden wir uns nicht über die ganze
Erde zerstreuen.

Da stieg der Herr herab, um sich Stadt und Turm anzusehen, die die Menschenkinder bauten.
Der Herr zerstreute sie von dort aus über die ganze Erde, und sie hörten auf, an der Stadt zu
bauen.


Die Erzählung vom Turmbau in Babylon ist eine uralte Geschichte der Menschheit. Sie wird
nicht nur weitererzählt, sondern auch täglich erlebt. Immer höher hinaus, das ist ein uns allen
bekanntes Streben. Wer will nicht nach oben kommen, groß herauskommen? Aber das geht
meist einher mit der Angst, im Leben zu kurz zu kommen, schließlich zu den Loosern
gehören. Ja, diese uralte Geschichte vom Turmbau in Babel hat nach wie vor Tagesaktualität.


Doch ab und zu treten Personen auf, die wirbeln dieses Turmbaudenken gewaltig
durcheinander. Zu ihnen zählt Jesus von Nazareth. Kein Wort von ihm ist so häufig in
verschiedenen Varianten überliefert wie das Wort: „Wer der Größte unter euch sein will,
sei der Diener aller!“ Jesus hat glasklar erkannt: Wer immer höher hinaus will, oben auf sein
möchte, der sieht im anderen den Konkurrenten, wird automatisch in die Spirale von Neid,
Geiz und Hass hineingezogen. Menschlichkeit, Gemeinschaft, Solidarität und Vertrauen
können aber nur wachsen, wenn Menschen auf dem Boden bleiben und mit ihren
Mitmenschen auf Augenhöhe.


Diese Botschaft Jesu hat damals in der Aufsteigergesellschaft des Römischen Reiches viele
Menschen so überzeugt, dass sie ihr Turmbaudenken aufgegeben haben und sich statt dessen
um die kümmerten, die auf dem Weg nach oben auf der Strecke geblieben waren.
Sie begannen Brücken statt Türme zu bauen. Sie setzten ihre Kräfte für das ein, was wirklich
Not wendet, statt Prestigeprojekte zu produzieren. Es entstand eine richtige Anti-Turm-Bewegung.


Und was wollen wir? Vor dieser Entscheidung stehen wir jetzt hier. Uns allen ist wohl klar,
dass die Frage der Finanzierbarkeit letztlich darüber entscheiden wird, ob die 3. Startbahn
gebaut wird oder nicht. Immer mehr deutet darauf hin, dass die Mittel für dieses Unternehmen
nicht zu beschaffen sind. Darauf warten ja auch viele von uns. Ich hoffe, dass bei den
Verantwortlichen angesichts der augenblicklichen Kassenlage noch nicht alle Sicherungen
durchgebrannt sind.


Aber abgesehen von der Frage der Finanzierbarkeit frage ich mich: wie weit sind wir
gekommen oder verkommen, dass wir den Finanzen die letzte Entscheidung überlassen,
ob so ein Babylonischer Turm wie die 3. Startbahn gebaut wird oder nicht? In der Geschichte
der Bibel wird die Frage der Finanzierbarkeit überhaupt nicht gestellt. Die Moral dieser
Geschichte ist knapp und eindeutig. Sie lautet: So etwas tut man einfach nicht, selbst wenn
man das Geld für zehn weitere Startbahnen hätte! So etwas tut man nur, wenn es notwendig
ist, wenn es eine Not wendet. Das ist hier aber nicht der Fall, im Gegenteil: es werden neue
Nöte hervorgerufen.


Freilich, wenn wir so reden und dabei ehrlich sein wollen, dann müssen wir zugeben,
dass auch wir immer wieder der Versuchung erliegen, solche Türme zu bauen.
Auch die Kirche gehörte zu allen Zeiten zu den Türmebauern.
Andere auf ihren selbstzerstörerischen Größenwahn hin zu weisen und versuchen sie zur
Umkehr zu bewegen ist das eine, aber genauso wichtig ist es, den eigenen Lebensstil zu
überprüfen, sonst wird unser Protest unglaubwürdig.
Nicht umsonst hat Jesus mit großer Hartnäckigkeit immer wieder die Worte wiederholt,
die schon damals zu seinem Markenzeichen gehörten:
„Wer unter euch groß sein will, der soll der Diener aller sein.“

Peter Hinsen SAC



Fürbitten

Großer Gott, wir spüren, dass das Streben nach immer mehr unser Leben gefährdet.
Darum rufen wir zu dir:


- Unsere Stadt hat eine lange christliche Tradition, und dennoch laufen wir Gefahr,
in die Hände des Götzen „Mammon“ zu fallen.
Herr unser Gott! A: Erbarme dich.


- Viele Menschen unserer Region sorgen sich angesichts der Ausbaupläne des Flughafens
um ihre Gesundheit, um ihren Schlaf und ihre Heimat.
Herr unser Gott! A: Erbarme dich.


- Wir wissen, über manche Fragen kann man so oder so denken.
Daher wünschen wir uns, dass aus Gegnern keine Feinde werden,
dass Fairness und Wahrhaftigkeit beim Ringen um die beste Lösung geachtet werden.
Herr unser Gott! A: Erbarme dich.


- Wir denken an alle, die an der Entscheidung über die Flughafenpläne beteiligt sind.
Mögen alle sich prüfen, wie sie entscheiden würden, wenn sie selbst als Anlieger
betroffen wären.
Herr unser Gott! A: Erbarme dich.


- Wir denken an alle, deren Zukunft im Ungewissen liegt, die nicht mit Sicherheit sagen
können, ob und unter welchen Umständen sie an ihrem angestammten Platz weiterleben
können.
Herr unser Gott! A: Erbarme dich.



Vaterunser


Abschlusssegen